LG Frankfurt: Zustellungsmangel wegen Fehlens der gerichtlichen Signaturdatei und Heilung
Die Zustellung einer einstweiligen Verfügung von Anwalt zu Anwalt ohne Übermittlung der gerichtlichen Signaturdatei stellt zwar einen Zustellungsmangel dar, dieser kann jedoch nach § 189 ZPO geheilt werden, wenn die Verfügung dem Gegner tatsächlich zugeht und ein Empfangsbekenntnis abgegeben wird.
Im zugrunde liegenden Fall stritten die Parteien zunächst im einstweiligen Verfügungsverfahren über wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen einer unberechtigten Abnehmerverwarnung. Nach Erlass der einstweiligen Verfügung durch das Landgericht Frankfurt am 12.6.2025 übersandte der Beklagtenvertreter den Beschluss sowie die Antragsschrift nebst Anlagen über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) an den Klägervertreter. Die Übermittlung erfolgte ohne die Signaturdatei des Gerichts. Der Klägervertreter bestätigte den Erhalt durch Abgabe eines elektronischen Empfangsbekenntnisses und legte später Widerspruch ein.
Mit der Aufhebungsklage machte die Klägerin geltend, die Vollziehung sei unwirksam, da die Zustellung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe: Es habe an einer qualifizierten elektronischen Signatur sowie an der Übermittlung des Strukturdatensatzes gefehlt, der die Signatur des Urkundsbeamten enthält.
Das Landgericht wies die Klage ab. Zwar erkannte es einen Zustellungsmangel, weil die Signaturdatei nicht übermittelt wurde und damit die Authentizität des Beschlusses nicht unmittelbar überprüfbar war. Gleichwohl sei dieser Mangel nach § 189 ZPO geheilt. Maßgeblich sei, dass die Dokumente dem Klägervertreter tatsächlich zugegangen seien, er Gelegenheit zur Kenntnisnahme hatte und den Empfang ausdrücklich bestätigte. Der Zweck der Zustellung – die Kenntnisnahme und Dokumentation des Zugangs – sei damit erreicht. Die Kammer betonte, dass § 189 ZPO weit auszulegen sei und auch Mängel wie fehlende Beglaubigung oder fehlende Signaturdateien erfasse, sofern kein Zweifel an der Identität des Schriftstücks besteht. Hier konnte die Klägerin die Authentizität zudem durch Vergleich mit dem vom Gericht zuvor übermittelten Beschluss prüfen. Die Aufhebungsklage war daher unbegründet; die einstweilige Verfügung galt als formwirksam zugestellt.
Landgericht Frankfurt, Urteil vom 1.10.2025 – 2-06 O 286/25