BVerfG: Hohe Hürden für Durchsuchungen von Anwaltskanzleien
Das Bundesverfassungsgericht stellt klar: Die Durchsuchung einer Rechtsanwaltskanzlei erfordert eine besonders strenge Prüfung der Verhältnismäßigkeit – selbst dann, wenn der Anwalt Beschuldigter ist. Der Schutz der Vertrauensbeziehung zwischen Anwalt und Mandant hat dabei erhebliches Gewicht.
Ein Rechtsanwalt sah sich dem Vorwurf des versuchten Prozessbetrugs ausgesetzt. Ausgangspunkt war ein Honorarstreit mit einer ehemaligen Mandantin, die Strafanzeige erstattet hatte. Nach zunächst eingestelltem Verfahren nahm die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufgrund belastender Angaben einer ehemaligen Bürokraft in einer E-Mail wieder auf. Das Amtsgericht ordnete die Durchsuchung der Kanzlei an; dabei wurde auch ein Computer sichergestellt. Die Beschwerde des Anwalts blieb vor dem Landgericht erfolglos. Mit der Verfassungsbeschwerde machte er eine Verletzung von Art. 13 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG geltend.
Die Verfassungsbeschwerde wurde zwar als unzulässig verworfen, weil der Rechtsweg nicht erschöpft sei – insbesondere fehle eine Anhörungsrüge beim Fachgericht, die zum Rechtsweg gehöre. Gleichwohl betonte das Gericht, dass die Durchsuchung unverhältnismäßig gewesen sei. Es hob hervor, dass bei Maßnahmen gegen Berufsgeheimnisträger die Gefahr der Offenlegung vertraulicher Mandantendaten bestünde. Dies berühre nicht nur die Grundrechte der Mandanten, sondern auch das öffentliche Interesse an einer funktionierenden Rechtspflege.
Nach Ansicht des Gerichts verlange die Durchsuchung von Kanzleiräumen eine strenge Gesamtabwägung aller Umstände. Im konkreten Fall sprächen die geringe Schwere des Tatvorwurfs, der schwache Tatverdacht, die geringe Auffindewahrscheinlichkeit, die erhebliche Eingriffstiefe sowie das Vorhandensein milderer Ermittlungsmaßnahmen deutlich gegen die Angemessenheit der Maßnahme. Die weit gefasste Anordnung, die auch Daten unbeteiligter Mandanten erfasste, verstärke die Unverhältnismäßigkeit.
BVerfG, Beschluss vom 21.7.2025 – 1 BvR 398/24