HANSEATISCHE RECHTSANWALTSKAMMER HAMBURG
Ausgabe 5/2025 vom 4. Dezember 2025

BGH: Beratungsgespräche sind keine Fortbildungen im Sinne von § 15 FAO

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass individuelle Beratungsgespräche mit externen Experten keine Fortbildungsveranstaltungen im Sinne des § 15 FAO darstellen. Vielmehr könnten nur strukturierte Veranstaltungen als Fortbildungsveranstaltung anerkannt werden.

Der Kläger war Fachanwalt für Steuerrecht. Für das Jahr 2021 konnte er keine ordnungsgemäße Fortbildung nachweisen. Stattdessen berief er sich auf individuelle Beratungsgespräche mit externen Experten zu steuerrechtlichen Fragestellungen, die er in seiner Funktion als General Counsel geführt habe und die er als Fortbildungsmaßnahmen ansah. Die Rechtsanwaltskammer widerrief daraufhin die Erlaubnis zum Führen der Fachanwaltsbezeichnung. Der Anwaltsgerichtshof wies die daraufhin eingereichte Klage ab.

Der BGH bestätigte die Auffassung des Anwaltsgerichtshofs: Beratungsgespräche erfüllen nicht die Anforderungen des § 15 Abs. 1 FAO. Eine der Aus- oder Fortbildung dienende Veranstaltung im Sinne des § 15 Abs. 1 FAO setzte jedenfalls voraus, dass ein Referent einer gewissen Anzahl an hörenden Teilnehmenden ein fachbezogenes Thema strukturiert im Sinne eines Vortrags vermittelt. Erforderlich sei die Möglichkeit der Interaktion des Referenten mit den Teilnehmenden sowie der Teilnehmenden untereinander. Eine derartige Interaktion setze eine gemeinschaftliche Teilnahme einer Mehrzahl von Teilnehmenden voraus.

Diese Voraussetzungen erfüllten Beratungsgespräche mit externen Experten nicht: Weder habe ein Referent einer Mehrzahl von hörenden Teilnehmenden ein fachbezogenes Thema strukturiert im Sinne eines Vortrags vermittelt, noch war – mangels mehrerer Teilnehmer – eine Interaktion zwischen den Teilnehmenden möglich. Letztlich handelte es sich vielmehr um die Einholung von externem Rechts- und Fachrat im Rahmen der beruflichen Tätigkeit, was zwar auch der Vermittlung von abstraktem Wissen gedient haben und für den Kläger mit Erkenntnisgewinn verbunden gewesen sein mag, jedoch keine Fortbildung im Sinne von § 15 FAO darstelle.

Auch die Nachholung einer Fortbildung führe demnach nicht dazu, dass die ursprüngliche Pflicht aus § 15 Abs. 1 FAO erfüllt wäre. Sie könne jedoch möglicherweise einen ansonsten wegen Nichterfüllung der Fortbildung drohenden, im Ermessen der Rechtsanwaltskammer stehenden Widerruf der Erlaubnis zum Führen einer Fachanwaltsbezeichnung verhindern. Allerdings sei hierbei zu bedenken, dass dem Ziel der Fortbildungspflicht, einen – auch der berechtigten Erwartung der Rechtsuchenden entsprechenden – einheitlichen und fortlaufenden Qualitätsstandard eines Fachanwalts zu sichern, regelmäßig nur bei einer zeitnahen Nachholung der Fortbildung, etwa im Folgejahr, hinreichend Rechnung getragen werden könne. Außerdem könnten nur überobligatorische Fortbildungen im Folgejahr als Nachholung von im Vorjahr unterlassenen Fortbildungen angesehen werden, nicht jedoch erbrachte Pflichtfortbildungen. Denn diese dienen allein der Erfüllung der Fortbildungspflicht in dem jeweiligen Jahr.

BGH, Beschluss vom 24.10.2025 – AnwZ (Brfg) 32/25